This Time Please 'Anders'


SS 2021

Projektbetreuung

Prof. Dr. Matthias Winzen


Projekt Art

Master

Jan Heintz: This Time Pleas 'Anders', Master Kuratieren / Ausstellungswesen, 2021, Schizo-psychogeographischer Ausstellungsplan

This time please 'anders'! It's not enough' And,

Auf diese drängende Formel lassen sich vielleicht die Experimente unzählige*r Künstler*innen, Anti-Künstler*innen, Literat*innen, Aktivist*innen und Subkulturen (Punk, früher Rave, Jazz etc.) bringen. In ihr versammelt und kristallisiert sich ein Ungenügen an der Art, wie die Dinge eingerichtet sind, ein utopisches Begehren, in dem sich die weit verzweigten Fluchtlinien zum ‘Anderen’ anbahnen können.

Aus der Suche nach dem Anderen, aus ‘And’ (Utopie) wurde aber auch nach einer gewissen Zeit ein ‘End’ (Dystopie). Was also zählt das Heute noch, nach dem Tod und Ausverkauf der Utopie (Mark Fisher), in der Gesellschaft des Spektakels (Guy Debord), wenn das Andere zum Ende gekommen ist?

Dabei spielt die Auffassung, Kuratieren als eine im guattarischen Sinne "ethisch-ästhetische Praxis"[1] zu verstehen, eine zentrale Rolle in meinem über das Studium an der Kunsthochschule erarbeiteten Begriffs des Kuratierens. Was Guattari "ethisch-ästhetisches Paradigma" nennt, kann als jene Kraftanstrengung beschrieben und zusammengefasst werden, durch die "transindividuelle und kollektive Assemblagen der Äußerung" entstehen, die "zur Schaffung oder Erfindung neuer Bezugsuniversen und der Wiederaneignung und Resingularisierung der Mediennutzung" in der Lage sind. Die Ausstellung Anders intendierte – als Teil sich wechselseitig beeinflussender, künstlerischer und kuratorischer Forschungsprozesse – dementsprechend die Produktion von Subjektivität und ihrer Ausdrucksmöglichkeiten, die untrennbar von den technischen und institutionellen Mechanismen sind, zu forcieren und ihr Nährboden zu sein.

In einem Zeitalter genereller Entwertung, Fragmentierung und Fragwürdigwerden bestehender gesellschaftlicher Verfasstheiten, in der Selbstverständlichkeiten verworren und widersprüchlich erscheinen, scheint nicht nur radikale Veränderung, entgegen der postmodernen Tristesse des Posthistoire, auf sozialem wie ästhetischem Terrain wieder notwendig zu werden. Diesen Umwälzungen, gegen alle Veränderung, stehen seit jeher jene "konservierenden" Kräfte, die, durch ihr unumstößliches, verknöchertes und dogmatisches Bewusstsein, das Andere nur als Destabilisierungsversuch und Affront erleben und empfinden können.

Durch die in der Ausstellung verfolgten Alterisierungsstrategien und Formen des Anders-Machens resultierte eine grundsätzlich irreduzible Offenheit, die über ihre semantische und ästhetische Dimension hinaus auch ihre Räumlichkeit und Zeitlichkeit einschloss. Unerlässlich für ein Verständnis und kuratorische Praxis dieser Offenheit war die Einbindung von Menschen in die Beziehungen, die sich zwischen Dingen, Räumen, Informationen und Diskursen real entfalten konnten.

Die Ausstellung verstand sich als prä-figurativ, spekulatives Frame-work, als vierdimensionales, relationales Feld, in dem über molekulare Wahrnehmungsshifts, enthabitualisierte Umgangsweisen mit Technik, Gegen-visionen, der Wahn nach dem Anderen, nach Singularität, Autonomie und Andersheit in der Kunst (und über sie hinaus) über den Ausstellungszeitraum (und über ihn hinaus) bearbeitet und in Frage gestellt werden konnte.

Mit Achim Szepanski konnte zudem gefragt werden: Ist Kunst nicht, wie auch die frühen radikalen Technocultures, tatsächlich zum Freizeitknast mutiert? Ist sie nicht zu regulierter Erfahrung, Wochenend-Transgression und eitler Messe des Besonderen geworden?

Missverständnisproduktion & Workshopifikation:
Die Ausstellung wurde mit eigenständigen Workshops im Vorfeld begleitet.

Beteiligte Personen (KünstlerInnen/DesignerInnen/TheoretikerInnen):
Paolo Cuffaro, Dennis Antonio Di Biase, Felix Dörrenbecher, Serge Ecker, Donja Fard,Karen Fritz., Katharina Hamp, Marius Heimburger, Lisa Hoffmann, Heng We Collective,Hyun Su Jung, Mirco Kanthak, Kyung Jae Kim, Mario Maurer, Jonathan Maus, Sarah Niecke,Larissa Peters, Tamara Pick, Leonie Scheidt, Janik Schmitz, Heidrun Stern, Darko Vukic

Text: Jan Heintz

[1] s. Guattari, Félix (1995): Chaosmosis. An Ethico-Aesthetic Paradigm,Indianapolis: Indiana University Press.

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